Die französische Mittelmeerinsel Korsika liegt 170 km südöstlich von Frankreich, 90 km westlich von Italien und 11 km nördlich der Insel Sardinien. Obwohl es seit 1768 ein französisches Territorium ist, sind viele der Weinbau-Traditionen der Region und ihre Rebsorten italienischer Natur. Die Weinbaugeschichte geht bis zur erstmaligen Besiedlung der Insel durch phokäische Händler, ca. ein halbes Jahrtausend vor Christus, in der heutigen Gemeinde von Aléria zurück.
Während des späten siebten und frühen achten Jahrhunderts n. Chr. kam die Insel unter islamische Herrschaft. Die Weinproduktion war aufgrund des islamischen Alkoholverbots fortan stark eingeschränkt.
Im frühen Mittelalter kam Korsika zuerst unter die Herrschaft der Stadt Pisa in der Toskana. Im 13. Jahrhundert erlangte die Republik Genua die Herrschaft über die Insel. Ampelographen glauben, dass ein Klon der Sangiovese Traube zu dieser Zeit auf der Insel eingeführt wurde, aus welcher später die heimische Nielluccio Traube entstand.
Napoleon - Sohn eines Weinbauern
Im Jahr 1769 wurde der künftige französische Kaiser Napoleon Bonaparte in der korsischen Stadt Ajaccio als Sohn von Weinproduzenten geboren. Unter seiner Herrschaft war es Korsika erstmals erlaubt, seinen Wein zollfrei in das gesamte französische Reich zu exportieren. Die Phylloxera-Epidemie des späten 19. Jahrhunderts verlieh der korsischen Weinindustrie jedoch einen lähmenden Schlag. Es folgte eine Zeit der Massenauswanderung, als viele Korsen die Insel verließen und in andere Länder umsiedelten.
Die Skandale der Neuzeit
Zwischen 1960 und 1976 stieg die Anbaufläche für Wein auf Korsika um ein Vielfaches. Die Erschließung neuer Rebflächen wurde staatlich gefördert. Vor allem Zuwanderer, die während des Krieges von Algerien nach Korsika geflüchtet waren, kamen bei der Landverteilung zum Zuge. Im Spitzenjahr 1973 betrug die Rebfläche 32.000 Hektar.
Allerdings waren der korsische Wein wegen der stärkeren Orientierung auf Quantität statt Qualität allgemein schlecht. Dazu hatten auch einige Experimente mit Einkreuzungen neuer Rebsorten beigetragen, welche sich als untauglich erwiesen. Zudem drohten viele kleine Skandale den Ruf des korsischen Weins endgültig zu ruinieren. Was war passiert? In Algerien waren dunkle, schwere Rotweine beliebt, welche die Zuwanderer auch auf Korsika produzieren wollten. Das funktionierte nur unter illegalem Zusatz von Zucker. Natürlich flogen diese Betrügereien irgendwann auf und wurden bestraft. Es hat etliche Jahre gedauert, ehe sich der Ruf des korsischen Weins davon erholte.
Qualität auf dem Siegeszug
In den 1980er Jahren begann die Europäische Union Subventionen zu vergeben, um die Entwurzelung von Reben zu fördern und den Fokus auf begrenzte Erträge und eine qualitativ hochwertige Weinproduktion zu verlagern. Bis 2003 haben diese Programme zu einer Verringerung der Weinanbauflächen von über 7000 Hektar beigetragen. Die Einführung moderner Winzertechnik sowie der Einsatz von Technologien wie temperaturgesteuerten Fermentationstanks trug zu einer starken Zunahme der allgemeinen Qualität korsischer Weine bei.
Die Organisation UVA Corse, eine Interessengruppe der Selbstabfüller aus AOC-Regionen, macht sich seit Jahren um die Föderung der Qualität des korsischen Weins verdient. Die Winzer setzen auf vielfältige Werbung, bieten Veranstaltungen rund um den Wein an und schufen auch eine Weinstraße auf Korsika. Dennoch wurde der korsische Wein kein internationaler Verkaufsschlager, obwohl seine Qualität inzwischen überzeugend ist. Der Wein wird vor allem in Frankreich verkauft. Französische Weinexperten mögen ihn wegen seiner speziellen Eigenschaften sehr gern. Auch im Ausland wissen zumindest Kenner seine Vorzüge zu schätzen.
Heute werden nur noch ca. 5.800 Hektar Rebfläche bearbeitet. Ein Großteil davon gehört industriellen Weinproduzenten. Zwischen den Weinstöcken ist genügend Platz, um Maschinen einzusetzen. Die Reihen wirken endlos und wohlgeordnet. Doch trotz der maschinellen Unterstützung bleibt für die Produzenten und ihre Angestellten bei der Pflege und Gesunderhaltung des Weins noch viel zu tun. So ist zum Beispiel die Reblaus, welche früher riesige Bestände vernichtete, heute kein Problem mehr. Dafür kämpfen die Winzer gegen Mehltau, Schimmel und ähnliche Erkrankungen der Pflanzen. Dagegen werden unterschiedliche Pestizide bzw. Fungizide eingesetzt. Auf den Bio-Weinflächen sind die Mittel naturgemäß beschränkt.
© Weinanbaugebiet der Domaine de la Figarella bei Calvi, Tigerente, Wikipedia, Lizenz CC BY-SA 3.0
Ein ganz anderes Bild bietet sich auf den urwüchsigen Rebflächen der vielen kleinen Weinbauern. Die Weinstöcke stehen zu eng, um maschinell arbeiten zu können. Also wird alles von Hand erledigt. Da die Arbeit kaum zu schaffen ist, sind die Weinstöcke regelmäßig von Unkraut überwuchert. Im Frühjahr werden sie einmal von ihrer Zusatzlast befreit. Dann beginnt der Kreislauf von vorn. Der Qualität des Weins tut das keinen Abbruch.
Korsika ist mit seiner Weinproduktion aktuell auf dem richtigen Weg. Auf rund einem Drittel der Fläche werden hochwertige AOC-Weine produziert, die dankbare Abnehmer finden. Wie schon früher ist der Weinanbau ein wichtiger Wirtschaftsfaktor auf Korsika und wird es dank der hohen Qualität der Weine auch weiter bleiben.